Orpheus in der Unterwelt

Opéra bouffe by Jaques Offenbach // Libretto by Ludovic Halévy and Hector Crémieux

Director & Dialogues: Felix Schrödinger // Conductor: Carlos Vazquez // Set & Costume Designer: Josefine Smid // Choreography: Yoko El-Edrisi // Dramaturgy: Christina Schmidl

Orpheus: Timo Schabel // Eurydike: Martha Eason // Die öffentliche Meinung: Melanie Lang // Pluto: Paul Brady // Jupiter: Jason Kim // Juno: Sharon Starkmann // Cupido: Hagar Sharvit // Venus: Tomasz Wija // Hans Styx: Stefan Vitu // Opernchor und Statisterie des Oldenburgischen Staatstheaters

Due to the numerous allusions to the present of the Second Empire in the plot of "Orpheus in the Underworld", a reference to the time of its premiere in 1858 is immanent in Offenbach's operetta. We felt it was very important not to ignore this reference to current events that is inscribed in the piece. Since this reference to current events is the core of this operetta, I think it is only logical to create a present-day reference in a present-day production.

Public Opinion is the key figure of the play. All the characters in the play are dependent on it. And this opinion is formed nowadays - independently of the classic print media - above all on the popular social media platforms. In this production, we have questioned these processes, including all the pitfalls and mechanisms such as fake news, in a humorous and witty way.

Press commentary:

Oldenburgisches Staatstheater überträgt „Orpheus in der Unterwelt“ ins Zeitalter des Internets

Auf die Frage, was man bei seiner Inszenierung von Jacques Offenbachs „Orpheus in der Unterwelt“ im Kleinen Haus des Oldenburgischen Staatstheaters erwarten könne, sagte Regisseur Felix Schrödinger: „Den Zuschauer erwartet all das, was man von einer guten Operette erwarten kann: Humor, schmissige Musik, Tanz, Erotik und – typisch für Offenbach – eine große Portion Gesellschaftskritik.“ Er hat nicht zu viel versprochen.

Die Gesellschaftskritik bezieht sich in dem Werk allerdings auf die Zustände zu Offenbachs Zeiten. Um sie in unsere Zeit zu transportieren, hat Schrödinger eine eigene Textfassung geschrieben, bei der das Internet mit Facebook und Twitter sowie die Boulevard-Presse eine zentrale Rolle spielen. Denn das sind die Medien, die heute die öffentliche Meinung bestimmen. Diese Öffentliche Meinung ist in Offenbachs Werk als Figur personifiziert. Hier tritt sie als Managerin von Orpheus, als Reporterin oder als Spielmacherin auf.

(…). Ansonsten ist aber in der Hölle zunächst Schluss mit lustig: Handy-Verbot und kein Internet. Dafür gibt es mit dem berühmten Höllen-Cancan eine ausgelassene Party, bei der alle Hemmungen fallen. Die Öffentlichkeit ist ja ausgesperrt. Am Ende, wenn Orpheus widerwillig seine Eurydike aus der Unterwelt führt, bricht er das Verbot, sich umzudrehen. Nicht, weil er nach Eurydike schauen will, sondern weil ein Handy klingelt. Moderne Zeiten.

(Premierenkritik in der Kreiszeitung von Erik Hermann)

 

Lustige Seitensprünge garantiert

Felix Schrödinger inszenierte im Kleinen Haus. Mit den mythologischen Figuren geht man witzig um – aber auch sehr liebevoll. Und nicht nur der Cancan macht Spaß. (…)

Die Oldenburger Premiere der Neuinszenierung von Felix Schrödinger am Mittwochabend im Kleinen Haus denkt diesen Ansatz ganz konkret weiter: Die mythologischen Gestalten aus der griechischen Sage heißen bis auf das griechische Titel-Pärchen weiterhin wie die römischen Götter von Jupiter und Ehefrau Juno über die Kinder- und Verwandtenschar bis hin zum missliebigen Bruder Pluto, der der Chef der Unterwelt geworden ist. Und wir befinden uns im Jahr 2018. Das Promi-Pärchen Orpheus und Eurydike führt eine Ehe auf Abwegen. (…)

Der Witz am Spiel mit den wirklichen Tendenzen der Gesellschaft, hier dem Social-Media-Wahn, ist der heuchlerische Umgang mit der Wirklichkeit. Da sind sich 1858 und 2018 sehr nah. Ging es damals im Takt der Klatschspalten von Zeitungen, so ist die heutige personifizierte öffentliche Meinung viel schneller: Es geht um Likes und Follower und um Fake News, Aufstieg und Fall von B- und C-Promis.

Die eingeblendeten Tweets konterkarieren witzig das Geschehen auf der Bühne und überdrehen die Persiflage manchmal ins Groteske. Im olympischen Himmel, auf der marketingverseuchten Erde und in der Hölle regieren die Angst, negativ ins Gerede zu kommen. Die, die arbeiten – vor allem das mit dem nötigen Schwung aufspielende Orchester unter der Leitung von Carlos Vazquez – sind unsichtbar, versteckt hinter einem Vorhang. Das, was im Rampenlicht geschieht, ist die Inszenierung von Vergnügungssucht, Frivolität, Dekadenz und Lifestyle.

Das überzeugte 1858 und das überzeugt auch heute. Die Inszenierung geht mit den mythologischen Witzfiguren liebevoll und genau um, die Choreografien im Himmel und vor allem die rasante Party in der Hölle sitzen. (…)

(Premierenkritik in der NWZ von Andreas R. Schweiberer)

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